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Panhard Dyna X

   

   

Übersetzung des Dossiers über den Dyna X
— aus der Rétroviseur Juli 1995, Seite 56 ff

Im Lauf der Jahre
Als kostengünstiges Fahrzeug in schweren Zeiten vorgesehen und einen vollständigen Bruch mit seinen Vorgängern bedeutend, wird der Panhard Dyna X schnell als einer der originellsten erhältlichen Kleinwagen bekannt — und als einer der leistungsstärksten obendrein.

Alles beginnt 1941, während der deutschen Besatzungszeit, als sich der Vorstand, angeführt von Paul Panhard, darüber Gedanken machte, was für die Zeit nach dem Krieg kommen soll:
Einige dachten daran, die Produktion von Luxuswagen wieder aufzunehmen, die bisher den Ruf der Marke ausgemacht hatte; andere, wie der technische Leiter Jean Panhard (der Sohn Pauls), waren davon überzeugt, dass der Neubeginn schwer werde, selbst wenn die Beschlagnahmung der Fahrzeuge 1936 nicht wieder rückgängig gemacht werde. So machten sich auch die „Alten” in aller Heimlichkeit ans Werk und begannen das Projekt VP (voiture populaire, Volksauto vielleicht), das ein recht kleines Auto mit einer Länge von lediglich 3,10 m werden sollte. Während der „Designer” (das Wort dafür gab es da noch nicht) Louis Bionier eine ultra kompakte deux-corps Karosserie entwarf, kam der Motorenentwickler Louis Delagarde zu einem Motorenkonzept, das einen kleinen Zweizylinder-Boxer mit 250-350 ccm vorsah und schon damals mit zwei aufsehen erregenden Lösungen aufwartete: die Ventilrückführung mit Drehstäben, welche höhere Drehzahlen ohne Probleme zuließen und die spielfreie Rollenlagerung der Kurbelwelle. Schnell ging man dazu über, mehr Hubraum zu wählen, da die Vorgabe „Vier Türen, Vier Sitze” hinzukam. Aber entschieden waren zu diesem Zeitpunkt bereits der Vorderradantrieb, der vor der Vorderachse montierte Motor und die Luftkühlung. Es ist schon amüsant, festzustellen, dass man ohne jegliche Absprache im Hause Citroën zu ganz ähnlichen Lösungen gekommen war...

AFG kommt dazu

An anderer Stelle entwickelt ein Team um Jean-Albert Grégoire, dem Vorreiter des Vorderradantriebs, das Projekt eines Kleinwagens mit großer Stückzahl unter Schirmherrschaft der Gruppe Alumium Francaise, deren Ziel es war, den Einsatz von Leichtmetallen zu vergrößern. Letztlich ging alles aus einem sehr ernst genommenen Wettbewerb der Gesellschaft der französischen Automobilingenieure von 1934 hervor, bei dem ein Auto entwickelt werde sollte, das so leicht und sparsam wie möglich sein sollte. Grégoire schlug vor, statt des üblichen Chassis einen gegossenen Aluminiumrahmen zu verwenden, was dann erstmalig beim Amilcar Compund von 1937-39 so ausgeführt wurde. Die Verträge zwischen Grégoire und der AFG sahen vor, vier Prototypen zu bauen, die zu Testzwecken den großen französischen Automobilherstellern überlassen werden sollten.
Der erste wurde im Sommer 1942 fertig: eine Cabriolimousine mit weniger als 400kg Gewicht, angetrieben von einem luftgekühlten 600ccm Zweizylinder Boxer und selbstverständlich mit Vorderradantrieb. Panhard, die eine Menge Gemeinsamkeiten mit ihrem eigenen Projekt VP sahen, erhielten den Wagen im Juni 1943 und konnten den Vertragbestimmungen entsprechend das Projekt bis Anfang 1944 weiterentwickeln (zu erwähnen wäre der Umbau auf vier Türen, auf die Jean Panhard großen Wert legte) und seine Produktion vorzubereiten, ohne die Exklusivrechte darauf zu haben, da man Subventionen des Wirtschaftsministeriums erhielt.
Nach der Befreiung war vorgesehen, die französische Automobilindustrie nach dem Ponsplan neu zu ordnen, der am 1.1.1946 in Kraft treten sollte. Für Panhard war dort vorgesehen, neben Somua und Willème Lastwagen zu produzieren. Dank des Widerstands der Firmenvorstände wurde ihnen letztlich doch die Produktion einer aus dem AFG abstammenden Limousine gestattet (die Kombiversion war für Simca vorgesehen, wo größere Produktionskapazitäten vorhanden waren, aber es kam nichts dabei heraus, weil ihr Besitzer H.T. Pigozzi schließlich seine Meinung über das Projekt änderte).

Der Dyna tritt aus dem Schatten...

In dieser turbulenten Phase wurde die Entwicklung in der Avenue d'Ivry (der Firmensitz von Panhard, Anm. des Übersetzers, Synonym für die Marke) unter dem Projektnamen VP2 vorangetrieben. Vom AFG blieben nach wie vor die Spritzwand aus Aluguss (den Scheibenrahmen beinhaltend), der auf einem Rahmen aus Stahl aufbaute, die sternförmigen demontierbaren Räder, die Zahnstangenlenkung und die vordere Aufhängung mit querliegenden Blattfedern.
Vieles war aber auch eindeutig von Panhard konzipiert, beginnend beim 610ccm GM Motor, welcher derjenige war, den Delagarde entwickelt hatte mit den Sackzylindern, dem charakteristischen Ansaugbereich und der rollengelagerten Kurbelwelle; das Getriebe verfügte über einen vierten Gang, der über einen Konus als direkter Gang ausgelegt war, über die hintere Radaufhängung, die mittels Drehstäben in einem V-förmigen Träger hängend realisiert wurde. Die Bremsanlage war ebenfalls recht originell: vorne war eine hydraulische Bremse, hinten eine Seilzuganlage von Bendix montiert. Die Karosserie wurde von Bionier in einem sehr rundlichen Stil entworfen und unter Zusammenarbeit mit Figoni realisiert. Die tragenden Teile waren aus Alpax AS 13 und die nicht tragenden aus AG 3, die von Facel Amboise gefertigt und von Facel Colombe montiert wurden. Dyna getauft (als Fortführung des Dynamic aus der Vorkriegszeit) wurde er in der Firma am 14. Dezember 1945 als Typ X84 klassifiziert (alle Limousinen hatten seit Beginn fortlaufend die Bezeichnung X und die nächste Nummer) und zusammen mit einem Dynamic im Oktober 1946 auf dem Pariser Salon, dem Salon aller Hoffnungen, vorgestellt. Es wurde keinerlei Bezug mehr zum AFG hergestellt (der dann auch nie realisiert wurde) und Grégoire strengte deshalb einen Rechtsstreit wegen unlauteren Wettbewerbs an, der 1950 mit einem Vergleich beendet wurde.

Vom Prototyp zur Serie

Einige Änderungen gab es schon beim Ausstellungsstück im Vergleich zum Protoyp, wie z.B. das Reserverad, das nun außen lag. Viele Änderungen sollten folgten, die nicht immer nur reine Modelljahrsänderungen waren...
Alles war noch neu und die Produktion begann recht stockend: nur einige Dutzend Wagen sind bis Ende 1947 vom Band gelaufen. Auf seinem zweiten Pariser Salon konnte man für die Limousine Dyna 100 (das stand für die erreichbare Höchstgeschwindigkeit) eine Ambulanzausführung mit Trage auf der Beifahrerseite erhalten. Hinzu kam eine geschlossene Lieferwagenausführung mit längerem Radstand, die erst ein Jahr später in Serie ging. Stück für Stück erhielt der Dyna sein endgültiges Aussehen, mit seinen verkleideten Schweinwerfern, einfacheren Stoßstangen, einem mittigen Kühlergrill in Form einer Turbine statt des Doppelgrills, den Blinkern auf den Kotflügeln und den seitlichen Kiemen unter der Motorhaube; die letzten beiden Details wurden für die Lieferwagenversionen nicht übernommen.

Und noch mehr...

Zugleich entwickelte sich das Modellprogramm, sowohl bei der Form der Karosserie als auch bei der Motorisierung. Das ursprüngliche 3CV-Modell wurde Anfang des Jahres 1950 zum Dyna 110, da er eine modifizierte Ventilsteuerung erhielt: die doppelten Torsionsfedern (eine pro Ventil) wurden ersetzt durch eine einzelne, die in einer Hülle eingebaut und geschützter war, die Kipphebel waren aber weiterhin mit Nadeln gelagert. Einige Monate später erschien der Dyna 120, ein 750er mit 4 Steuer-PS, der lange Zeit der meist verkaufte Typ war. Deutlich teurer aber auch deutlich schneller als die direkte Konkurrenz aus Billancourt (Renault) ließ er leicht seine Schwächen vergessen (hakelige Seilzugschaltung, Undichtigkeiten, Lärm), da er über eine hervorragende Straßenlage verfügte, die ihn für Vielfahrer und sportlich Ambitionierte interessant machte. Letztere verlangten nach noch mehr Leistung und wurden mit dem 120 Sprint zufrieden gestellt, der gegen einen Aufpreis von 30.000 Francs (etwa fünf Prozent des Listenpreises) angeboten wurde. Dafür gab es einen Doppelvergaser, eine andere Ansaugbrücke, veränderte Laufbuchsen und eine geänderte Nockenwelle. Die Leistung stieg auf 38 PS, ein damals respektabler Wert für diesen Hubraum. Endgültig auf dem Salon im Oktober 1951 präsentiert, aber erst vom folgenden Juni an erhältlich, war der Dyna 130 ein 5CV, lieferbar in Normal- oder Sprintversion. Letzterer konnte 130 km/h erreichen, was ihn zum König der Straße machte, so wie ein Citroën 15...
Durch zwei Gummiblöcke unter dem Getriebe auch besser gedämpft, hatte der Panhard die Klasse der 850ccm erreicht und sollte da bis zum endgültigen Firmenende 1967 auch bleiben.

Von der Sonne und von Falten

Auf dem Pariser Salon im Oktober '49 erschien der Dyna mit neuem Gesicht aber auch mit neuen Versionen: einer Limousine mit Faltdach und einem Cabriolet. Erstere war schon an einige Kunden während des Sommers ausgeliefert worden, wurde aber nie richtig von der Kundschaft angenommen (alles in allem wurden nur 742 gebaut). Das Cabrio hingegen wurde erst ab dem Frühjahr 1950 verkauft und nahm auch Ehrenplätze auf Autoschauen ein. Noch mehr als bei der Limousine sprach man hier vom „Louis XV”, wegen seiner praktisch symmetrischen und ausladenden Rundungen. Seine Ausstattung umfasste versenkbare Seitenscheiben und eine Kunstlederausstattung (in der Firmendokumentation als Plastik bezeichnet). Eine Ausstattungslinie „Grand Luxe”, die Ledersitze beinhaltete, war nur einige Monate des Jahres 1950 im Angebot, aber verschiedene Sitze und Sonderfarben außerhalb der Serie wurden anschließend angeboten. Es verkaufte sich in etwas mehr als 2000 Exemplaren (hauptsächlich als 4CV), mit den meisten Verkäufen im Jahr 1951. Ab dem Frühjahr 1952 verführte der sportliche Junior (der einen extra Artikel verdiente) die Cabriokundschaft, da im Vergleich zur Limousine das Cabrio zu teuer erschien. Nicht zu vergessen, dass seine Linienführung nicht jedermanns Geschmack war. Facel bot schon 1951 eine völlige Neugestaltung der Karosserie an, ohne den Innenraum und das Chassis zu ändern, aber das Projekt wurde von Panhard abgelehnt, da Louis Bionier schon andere Projekte im Sinn hatte: auf dem Oktobersalon 1953 wurde der „Dyna Z” vorgestellt, dessen außergewöhnliche Erscheinung und dessen Preis ganz auf den Markenslogan abgestellt war: „Der Dyna ist etwas völlig anderes”

Für alle Zwecke

Die Limousine und das Cabrio des Dyna X verschwanden im Lauf des Jahres 1953, um Platz für das neue Modell zu machen, aber die Lieferwagenversionen führten ihre Karriere einige Monate länger fort. Neben dem normalen Lieferwagen und dem Pick-up für spezielle Zwecke kam ein Kombi mit kleinen Seitenscheiben und einer mit großen Türen, ausgestattet mit einer hinteren Sitzbank oder seitlich längs angesetzten Sitzen, Jagdversion genannt (der mittlere freie Platz war dann wohl folglich für die Jagdbeute). Alle Versionen, erhältlich als 3, 4 und 5 PS wurden als „K” Versionen registriert, was bei Panhard für Nutzfahrzeuge steht. Man konnte sie anstatt der Heckklappe auch mit einer Doppeltür ausrüsten lassen. 1953 erschien eine seltene Version mit fünf Türen, der als X klassifiziert wurde (also als Personenwagen) und mit zwei oder drei Sitzreihen erhältlich war. Der Preis lag bei 776.000 Francs, was 16.000 mehr war, als z.B. für einen Peugeot 203 Kombi aufgerufen wurde. Er wurde auch als Taxiversion mit Trennscheibe zum Chauffeur angeboten.


Anmerkungen :

Noch mehr Merkwürdigkeiten:

Die absolute Überraschung, die Panhard für die Besucher auf dem Salon 1951 vorbereitet hatte, war nichts geringeres als eine Automatikversion! Die Automatikbox nutzte die Anordnung des Deutschen Kreis mit einem voll mechanischen System: drei Wellen im dauernden Eingriff, Freilauf, und Fliehkraftkupplungen.
Es wurde von der Presse getestet und als sehr ungenau und nervös beschrieben, so dass es nie in Serie ging. Der Zwitter Scarlette hingegen wurde tatsächlich verkauft, auch wenn er nie auf einem Salon vorgestellt wurde und nur wenig Aufmerksamkeit seitens des Publikums erhielt. Er entstand aus der Technik und dem Rahmen des 850 Sprint und erhielt die schwere und gewöhnliche Karosserie des Rosengart Ariette. Langsamer als der normale Dyna und noch teurer (850.000 Francs, fast so viel wie ein Citroën 15) war ihm kein Erfolg beschieden.
Viel Aufmerksamkeit erregte der Dynavia, von dem 1948 zwei Exemplare gebaut wurden. Er wurde einer der bemerkenswertesten Schöpfungen Bioniers mit außergewöhnlichen aerodynamischen Eigenschaften: voll ausgerüstet hatte er einen cw Wert von 0,26 und erreichte so mit dem 3CV Motor eine Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h.

Der Dyna auf der ganzen Welt:

Seit seiner Vorstellung sollte er neue Märkte erobern und wichtige Devisen beschaffen. So wurde er auf vielen ausländischen Salons präsentiert und fast überall auch ein wenig verkauft.
Erst in Europa, mit einer Präsentation auf der Ausstellung in London 1948 (mit Rechtslenkung), dann mit einer Produktionslinie in Belgien, einem nicht zu verleugnenden Erfolg in den skandinavischen Ländern (es gibt noch heute einen schwedischen Club, Anm. des Übersetzers), aber auch weiter weg in wie in Südafrika oder Lateinamerika. Kein Zweifel, dass die Siegerlisten der Panhard-Mechanik vor allem die sportlichen Fahrer beeindruckten, in deren Märkten u.a. die schweren amerikanischen Wagen marktbeherrschend waren. Wenn in einer Werbung von 1952 von 70 Siegen, davon die meisten international, u.a. von Serien-Dynas (darunter die ersten sechs Plätze bei der Alpenrally 1950 und mehrere Klassensiege bei der Monte-Carlo) die Rede war, so kamen die meisten doch von Sportablegern wie DB, Monopole, oder Rafael. Diese fuhren so bedeutende Siege wie bei den 24 Stunden von Le Mans (Klassensieg, nicht Gesamtsieg) der Bol d'Or oder auch den 12 Stunden von Sebring (wiederum Klassensieg) ein.

Der Dyna mit seinen vielen Gesichtern:

Man könnte ein ganzes Buch verfassen über die Sonderkarossen, die auf der Basis des Dyna X entstanden sind. Das lag daran, dass Panhard an die Karosseriebauer sowohl normale Chassis des X als auch des K oder auch nur die gesamte Technik lieferte, nicht zu vergessen die Umbauten, die auf Basis von Komplettfahrzeugen entstanden. In Frankreich waren es Callista, DB, Marathon, Monopole oder Rafael, die die meisten Derivate herstellten, ohne REAC oder STERA mit ihren Kunststoffkarosserien zu vergessen, oder etwa die Versionen von Marsonetto oder Pichon-Parat und viele andere. Im Ausland kann man die deutschen Dyna Veritas (von Baur aufgebaut) oder den Dyna Special von Wendler nennen. In der Schweiz entstanden bei Ghia Aigle schicke Coupes (einige davon auch in Belgien montiert), in Italien gab es Aufbauten von Allemano, Ghia, Nardi oder Sirio, und selbst in Amerika gab es Ausführungen von Devin oder Panhard-Darrin.