Willkommen beim Panhard-Club Deutschland
100 PANHARD pour Jean Panhard
15.-16. Juni 2013   —   PL Treffen in Crécy (F) zum 100. Geburtstag


Ein Bericht von Maggy Moldenhauer :
(in geringfügig gekürzter Fassung)

In der Oldtimer-Szene werden die Panhardisten öfter schon mal als „skurril” bezeichnet. Die Freunde von Panhard-Levassor mögen den Begriff nicht immer - nicht etwa, weil sie was gegen Skurrilität hätten, sondern weil diese Beschreibung den Kern nicht trifft.
Was dagegen das besondere Wesen der Panhardisten ausmacht - bei diesem Treffen anlässlich des 100. Geburtstages von Jean Panhard in seinem Wohnort Crecy-La-Chapelle, süd/östl. von Paris, konnte man es von Samstag 15. bis Sonntag 16. Juni 2013 ganz unmittelbar erspüren.
Mitten in dem — für uns Deutsche „typisch französisch” anmutenden — Ort mit seinen engen Gassen, kleinen Geschäften von der Boulangerie bis zum Tabac und seinen alten Häusern mit traditionellen Bruchsteinen verläuft hinter dem Rathaus, entlang eines kleinen Wasser-Kanals eine Allee mit altem Baumbestand.
Zwischen den Bäumen hatten sich die Panhards aufgereiht.
Panhardisten sind der guten Form verpflichtet — die teils sehr sorgfältig gepflegten Wagen, die saubere Reihe der auch aus halb Europa gekommenen Panhards exakt zur Gratulations-Parade geordnet, die alle genau zur auf der Einladung angegebenen Zeit auffuhren, zeugen unter anderem davon.
Als Jean Panhard mit einem X 19 von seinem Sohn durch die Reihen gefahren wurde, standen alle Besitzer stolz samt Begleitung artig aufgereiht neben ihren Wagen und zollten dem 100jährigen damit Respekt, Zuneigung und Anerkennung.

Und dennoch war es das Informelle, das überraschend Subversive, das diesem Treffen sein unvergessliches Flair gab. Denn eigentlich hieß das Motto „100 Autos für 100 Jahre”, aber es waren viel mehr gekommen als eingeladen waren. Auch kein Problem, im Gegenteil. Panhardisten leben für und mit ihren Autos, viele waren auf eigener Achse angereist, und so manche Achsen mussten das Gewicht der ganzen Familie (auch gesehen: fünf Personen in einem 24er!) aushalten, denn sogar die nachfolgenden Generationen wollten bei diesem Fest dabei sein und sich mit Jean Panhard freuen.
Einige Clubmitglieder aus Holland hatte sich am Samstag irgendwie Zugang zu der privaten Geburtstagsfeier im Haus von Jean Panhard verschafft und erzählten, dass während des Festes alle kleinen Kinder der Familie in einen großen 20CV Panhard gepackt wurden und vom Chauffeur in dem Auto durch den weitläufigen Park kutschiert wurden, damit sie den Erwachsenen nicht im Wege waren und trotzdem ihren Spaß haben konnten. Man lebt eben mit seinen alten Schätzen und baut sie nicht nur museal auf.
Das ist panhardisch !
Klar, wenn man 100 Jahre alt ist, dann friert es einen schon mal schneller als den Jungen. Und so saß Jean Panhard am Sonntag mit einer kecken Wollkappe und einem eleganten Wintermantel in seinem Panhard Wagen, der den Schrauber-Ehrgeiz so manch eines Gratulanten weckte, sofort die Werkzeugkiste und Polierlappen hervorzuholen. Denn das Modell hatte bei weitem nicht den liebevollen Restaurierungsaufwand erfahren, der den spalierstehenden Panhards zuteil wurde. Mehr oder weniger war der Wagen im Originalzustand seines Baujahres, nämlich dem Geburtsjahr von Jean Panhard — 1913 — und die Verantwortlichen waren froh, dass er die Fahrt durch die Allee tatsächlich überstand.
Auch das: panhardisch.
Die Marke Panhard gibt es so nicht mehr, aber in ihr scheint heute mehr Leben zu sein als in manch anderer, und das liegt an den Menschen, die sich mit Panhard & Levassor beschäftigen.
Geplant war, dass die Besitzer neben ihren Autos stehen und Jean Panhard dann durch die Reihe fahren sollte, um sich an „seinen Autos” zu erfreuen. Doch die Begeisterung war so groß, dass sich bei seinem Erscheinen an der Allee sofort Mengen an aufgeregten Gratulanten um ihn scharten. Jeder in der Menschentraube wollte ihm die Hand schütteln, ihn zumindest am Mantelärmel mal berühren, rief Glückwünsche, Hurra-Rufe waren zu hören, es wurde geklatscht und gesungen, und der ganze Tross kam schon nach wenigen Metern zum Stillstand, Jean Panhard konnte die Panhards nicht mehr sehen — nur noch überschwänglich agierende Panhardisten. Der ganze so gute Ablaufplan war also für die Katz gewesen, wegen der Liebe der Menschen zu Jean Panhard und seinen Werken.
Also stieg er aus, ja tatsächlich (so fit und klar und freundlich möchte man selber im Alter von 100 auch sein, mehr noch - es überhaupt erreichen . . .).

Das war wirklich einer der vielen deutschen Höhepunkte dieses Treffens in Crécy. Raimund Bartl mit seinem unvergleichlichen „blauen Panhard Racer”, — eine spaßbrin-
gende Verbindung aus Panhard X63 mit dem 6 Zylinder SS-Motor und atemberau-
bender Rennwagenkarrosserie — beide bekamen den Ritterschlag zum Geburtstag.
Von Raimund angesprochen nahm sich Jean Panhard die Zeit, unterhielt sich ausgiebig mit Raimund über den blauen Gefährten und als ihm dann ein Filzstift ausgehändigt wurde, da geschah das Unglaubliche:
Jean Panhard setzte mit festem Schwung und in wunderschöner, typischer Handschrift sein Autogramm auf die Motorhaube von Raimunds Kleinod!
Eine Sensation, von den Organisatoren nicht geplant und von Herzen kommend. Raimund und alle seine Freunde waren schier außer sich vor Freude und Dankbarkeit über die lieben Wörter aus dem Munde des Enkels vom Firmengründer, über seine Tat und über die große Aufmerksamkeit, die den Deutschen zuteil wurde.
Dabei ging es überhaupt nicht um die wertsteigernde Bedeutung dieser Unterschrift für den Wagen, es ging um ganz andere Dimensionen dieses Schriftzuges, und auch das zeichnet die Panhardisten aus. Natürlich hatte jeder der Autobesitzer insgeheim gehofft, dass Jean Panhard bei seinem Wagen anhalten und gerade mit ihm plaudern würde. Aber als die Ehre dann Raimund traf, da war die Freude und das Gönnenkönnen bei allen da.
Jeder war stolz auf die
„Panhardistes Allemands”.

Auch beim anschließenden Empfang war er deutlich zu spüren, dieser panhardische Zweiklang von Formellem und Informellen. Die Familie stand auf dem Podium hinter Jean Panhard, der in einem Sessel die Ovationen entgegennahm. Der Bürgermeister und andere hielten die Reden, die man an einem solchen Tag erwarten konnte, die Verdienste von Firma und Mensch wurden gewürdigt, Medaillen und Urkunden überreicht, Blumenbuketts an Frau Panhard und das Geburtstagskind übergeben — alles formvollendet. Und doch gab es diese kleinen Szenen zwischendurch, zum Beispiel als Josianne, der so herzliche und freundliche „gute Geist” des Events, dem Jubilar das eigens zum Anlass erstellte Buch mit den 100 Panhards von Crécy und den Geburtstagsglückwünschen Ihrer Besitzer an Jean Panhard übergab. Jeder im Saal spürte durch ihre Gestik und Mimik, dass hier eine ergebene und bewundernde Freundin des Mannes und des Panhard-Hauses ihn am liebsten geherzt, umarmt und geküsst hätte. Ebenso erging es wohl Jean Panhard selbst, der — gestützt von seinen Enkeln — dann tatsächlich selbst zum Rednerpult schritt und ein perfektes Bild von Contenance, Freude und Korrektheit bot . . .

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In fast allen Reden und auch persönlichen Danksagungen wurde hervorgehoben, wie beeindruckt Familie und Organisatoren waren, dass der deutsche Panhard Club mit sieben Fahrzeugen am Start war, davon allein drei Vorkriegsmodelle.

Im einzelnen war es
-     Eckhart Sporleder und Gaby mit Ihrem roten 24 iger N1 von 1965
-     Christoph Blaue mit seinem superflotten CD Panhard
-     Uli und Bärbel Brinkmann mit 24CT in prune/weiß wie aus dem PL Prospekt
-     Toni Fritz mit Freundin und neuerworbenem Dyna X 85 Berline 1950
-     Sein Vater Manfred Fritz mit dem Panhard X 45 Tourer von 1925
      (die Beiden kommen jetzt nicht mehr drumherum Mitglieder in unserem Club zu werden)
-     Raimund mit Tochter und deren Freundin mit Panhard X 63 Racer von 1929
und
-     Eberhard und Maggy Moldenhauer mit Panhard X 66, 6DS Cabriolet von 1932

Eberhard hatte - mit Engagement und ebensolcher Freude daran - die deutsche Teilnahme initiiert und alle interessiert, so dass wir dann auch tatsächlich diese hervorragende Präsenz in Crécy zeigen konnten. Eckhart Sporleder und Gaby hatten für das panhardische Flair gesorgt ... denn niemand brauchte einen detailreich vorgegebenen Plan oder ein Programm, nein, Panhardisten können gut für sich selber und vor allem für ihren Spaß sorgen!
Also Eckhart - anerkannter Feinschmecker unter den deutschen Panhardisten - hatte für den Anreisetag am Freitag ein wunder-
bar passendes Restaurant für alle deutschen Teilnehmer (immerhin saßen dann 13 Personen am Tisch) ausgesucht. Die deutsche Gruppe schmauste an einer langen Tafel in etwas plüschiger und typisch französischer Atmosphäre die leckersten Sachen und konnte auch danach kaum ein Ende finden - Schraubergespräche, munter gemixt mit Hochphilosophischem und Alltäglichem. Jeder erzählte, was so passiert war seit dem letzten Treffen und von diesem und jenem.
Ein toller Abend, vielen Dank Eckhard für Deine glückliche Auswahl! . . .


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Auf jeden Fall werden die Fotos aus Crécy noch lange Jahre für Gesprächsstoff sorgen. Nötiges Hilfsmittel für ein Andenken an die Tage in Frankreich sind sie dennoch nicht alleine. Denn am Samstagabend fand für die angereisten Geburtstags-Gäste im Ausstellungssaal ein sehr schönes (und leckeres) Gala-Dinner statt, zu dessen Auftakt Champagner gereicht wurde.
Die Flaschen kamen gleich so auf den Tisch und lösten ein großes Ahh! und Ohh! aus. Denn der gute Tropfen war extra für die Panhardisten abgefüllt worden, und die Flaschen trugen ein Etikett mit Panhard-Logo und Panhard-Motiven. Da konnten die Deutschen nicht anders und tranken sehr schnell, um die leeren Flaschen dann still und unauffällig in den Taschen verschwinden zu lassen. Und so steht in mindestens vier deutschen Haushalten heute eine leere Champagnerflasche im Regal und zeugt vom panhardischen Geist.
Ausdrücklich soll versichert werden, dass Diebstahl sicher nicht zum Alltagsgeschäft der Panhardisten gehört und getrost davon ausgegangen werden kann, dass der Glas-Recycling-Kreislauf in Frankreich keinen großen Verlust erlitten hat, die Teilnehmer der Gruppe Allemand dadurch aber einen großen emotionalen Gewinn verbuchen konnten.